Österreichisches Rotes Kreuz - der Podcast

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00:00:00: [Musik]

00:00:03: Allein erziehend ist ein jesendiges Risiko für Armut.

00:00:07: Es betrifft leider alle, alle Altersgruppen.

00:00:10: Man sagt, da gibt es Menschen, die brauchen Hilfe.

00:00:12: Wie könnt ihr helfen? Schaut hin.

00:00:14: Es braucht einfach diverse Maßnahmen,

00:00:17: die es den Menschen ermöglichen, über die Runden zu kommen.

00:00:20: Österreichisches Rotes Kreuz, der Podcast.

00:00:27: Ja, damit herzlich willkommen zu dieser neuen Ausgabe.

00:00:30: Schön, dass Sie dran sind.

00:00:32: Isabella Richter, mein Name.

00:00:34: Und ich freue mich sehr auf diese neue, wichtige Folge.

00:00:39: Am Rande der Existenz.

00:00:41: Meine Damen und Herren,

00:00:42: Neuzahlen der Statistikaustrea zeigen einen starken Anstieg

00:00:46: der absoluten Armut in Österreich.

00:00:49: Am meisten sind Haushalte mit nur einem Elternteil

00:00:53: und allein lebende Frauen betroffen.

00:00:56: Was es bedeutet, Arm zu sein.

00:00:59: Und welchen Ratten schwanz Armut mit sich zieht,

00:01:02: das beleuchten wir heute ganz genau.

00:01:05: Und ich begrüße Sie herzlich, meine heutigen Gäste.

00:01:08: Das ist Waldrod Kotbauer,

00:01:10: Bereichsleiterin der Wohnungslosenhilfe

00:01:12: und Flüchtlingshilfe beim Wiener Roten Kreuz.

00:01:14: Hallo Waldrod.

00:01:16: Hallo. Schön, dass du da bist.

00:01:17: Das freu mich auch.

00:01:18: Und ich begrüße Sie herzlich, Johannes Guga,

00:01:20: Leiter Soziale Teilhabe und Freiwilligkeit.

00:01:23: Hallo Johannes.

00:01:25: Hallo, ich freue mich sehr.

00:01:26: Danke, dass du da bist.

00:01:28: Johannes, starten wir gleich.

00:01:30: Vielleicht erklärst du uns mal,

00:01:32: was eigentlich Arm hierzulande bedeutet.

00:01:35: Wo liegt in Österreich sozusagen die Armutsgrenze?

00:01:40: Der Armut hat grundsätzlich verschiedene Ausprägungen,

00:01:44: aber eine, die vor allem statistisch sehr relevant ist,

00:01:47: ist das Haushaltseinkommen.

00:01:48: Und hier gibt es die spezifische Grenze

00:01:51: der Armutsgefährdungsschwelle.

00:01:53: Das berechnet sich nach dem Schlüssel

00:01:56: 60% des Medianeinkommens.

00:01:58: Das heißt, das ist 60% jenes Betrag,

00:02:01: den eben weniger oder mehr als 50%

00:02:05: der in Österreich lebenden Menschen haben.

00:02:08: Es ist ein Betrag, der sich eben nach der Haushaltsgröße richtet

00:02:11: und ist im Moment aktuell bei knapp 1.400 Euro

00:02:15: für einen Einpersonenhaushalt.

00:02:17: Er erhöht sich daneben bei mehr Personenhaushalten.

00:02:20: Ich verstehe, und es gibt ja auch den Ausdruck Manifestarm.

00:02:23: Was ist das genau? Wie wird das gemessen?

00:02:26: Manifestarm ist eine Situation,

00:02:29: wo Menschen nicht nur ein geringes Einkommen haben,

00:02:31: sondern sich wirklich auch essentielle Dinge

00:02:33: einfach nicht leisten können.

00:02:35: Da gibt es so verschiedene Parameter, die eben herangezogen werden.

00:02:38: Dazu zählen zum Beispiel, wenn man sich nicht leisten kann,

00:02:41: eine kaputte Waschmaschine zu ersetzen.

00:02:43: Oder zumindest einmal im Jahr auf Urlaub zu fahren.

00:02:45: Oder wo es Probleme gibt,

00:02:47: wo man irgendwelche Schulaktivitäten besuchen sollte.

00:02:50: Das heißt, viele Parameter,

00:02:52: die Menschen in Situationen bringen,

00:02:55: wo sie zwischen zwei essentiellen Handlungen entscheiden müssen.

00:03:00: Im schlimmsten Fall geht es darum,

00:03:02: soll ich heizen oder essen.

00:03:04: Tatsächlich.

00:03:05: Diese Entwicklung haben wir im Moment verschärft.

00:03:08: Und ja, vor allem durch die Teuerung,

00:03:13: durch diese aktuellen Entwicklungen,

00:03:15: sind eben mehr und mehr Menschen in derartigen Situationen,

00:03:19: aktuell sprechen wir bereits von mehr als 200.000 Menschen.

00:03:22: Und das ist eben dieser Anstieg zu verzeichnen.

00:03:24: Ja, unglaubliche Zahlen.

00:03:26: Mehr als 50 Prozent der Alleinerziehenden in Österreich

00:03:29: sind Armuts bzw. ausgrenzungsgefährdet.

00:03:31: Ich meine, 50 Prozent, Walter, das ist ja sehr unfassbar, oder?

00:03:35: Das ist Wahnsinn, ja.

00:03:37: Aber Alleinerziehend ist ein irrsinniges Risiko für Armut.

00:03:42: Kinderbetreuung ist in Österreich oft teuer.

00:03:44: Vor allem oft in den Bundesländern.

00:03:46: Oft auch nicht in dem Ausmaß verfügbar,

00:03:50: in dem es dann gebracht werden würde.

00:03:53: Es gibt noch immer Schließzeiten, ein Kindergärtnern.

00:03:56: Das sind diese Kindergärten, die zum Mittag zumachen, ne?

00:03:58: Genau, im Sommer sechs Wochen und so weiter.

00:04:01: Damit ist Arbeiten gehen, ist nur sehr schwer möglich.

00:04:06: Wenn da kein großes soziales Netz ist, dass das aufhängt,

00:04:08: Großeltern ganz klassisch, die dann einspringen können zum Beispiel.

00:04:11: Viele Frauen arbeiten gerade Alleinerziehend oft nur Teilzeit,

00:04:16: was dann noch mal die nächste Armutsfalle ist,

00:04:19: auch für die Pension dann schon später.

00:04:21: In Wirklichkeit ist es ein Teufelskreis.

00:04:24: Das zieht sich dann natürlich weiter.

00:04:27: Es ist jedes fünfte Kind in Österreich von Armut betroffen.

00:04:30: Das sind rund 353.000 Kinder, die aktuell in Armut leben müssen.

00:04:35: Da geht es auch dann darum,

00:04:37: dass die Kinder zum Beispiel zum Geburtstag nicht eingeladen werden,

00:04:42: aber nicht hingehen können,

00:04:43: weil sich die Mami das Geschenk nicht leisten kann.

00:04:45: Und unter 15 Euro ist eigentlich kein Geschenk mehr ein richtig...

00:04:49: Also da fängt das eigentlich schon an.

00:04:51: Und ich frage mich schon, Österreich ist der drittreichste Land der EU.

00:04:55: Warum gibt es diese Zahlen?

00:04:57: Johannes, kannst du dir das...

00:05:00: Natürlich, das können Sie hier nicht beantworten.

00:05:02: Es ist eh klar, wir sind ja auch kein politisches Format,

00:05:05: aber ich glaube, die Frage muss man einfach einmal in den Raum werfen.

00:05:09: Es ist, wenn man sich vor Augen führt,

00:05:11: wirklich wie viele Betroffene es gibt,

00:05:13: dann muss man eigentlich auch etwas tun.

00:05:16: Und das ist auch das, was wir auch im Roten Kreuz versuchen,

00:05:19: eben auch mit unseren diversen Angeboten,

00:05:22: Unterstützung in sozialen Notlagen hier unterstützend einzugreifen.

00:05:27: Es ist ein gesellschaftliches Problem, wie du gesagt hast.

00:05:30: Und natürlich, es braucht da Anstrengungen aller.

00:05:34: Und auch ein Thema, das natürlich ganz, ganz zentral ist,

00:05:39: ist Kinderarmut.

00:05:41: Also das ist diese soziale Teilhabe, die nicht ermöglicht wird.

00:05:45: Diese Manifestierung dieser Situation, dieses ausgegrenzt sein.

00:05:50: Also das sind natürlich Herausforderungen und Problemfelder,

00:05:54: die sich dann summieren und wirklich zu sehr, sehr schwierigen Situationen führen.

00:06:01: Also immer mehr Menschen von materieller und/oder sozialer Armut betroffen,

00:06:07: Waldrod, du bist Leiterin der Wohnungslosenhilfe und Flüchtlingshilfe

00:06:12: eben beim Wiener Roten Kreuz.

00:06:14: Arbeitest mit diesen Menschen, was beobachtest du?

00:06:20: Was wir tatsächlich beobachten in den letzten Jahren,

00:06:24: ist, dass sich die Menschen oder die Zielgruppe der Menschen,

00:06:28: die sich an uns wenden, einfach verändert hat.

00:06:31: Sie ist breiter geworden und es wird mehr.

00:06:35: Es wenden sich einfach immer mehr Menschen an uns, die sagen,

00:06:39: ich kann meine Wohnung nicht mehr zahlen, ich habe ein Delosierungsverfahren,

00:06:42: ich brauche bitte eine Wohnung.

00:06:45: Und das merken wir ganz stark.

00:06:49: Wir versuchen dann zum einen natürlich zu beraten,

00:06:54: um eventuell Deloschierungen noch zu verhindern zum Beispiel,

00:06:58: aber auch dann möglichst schnell die Menschen in eine Betreuung,

00:07:03: in eine unterkunft und eine dauerhafte Unterkunft wiederzubekommen.

00:07:07: Je kürzer Wohnungslosigkeit dauert, am besten ist es,

00:07:11: es passiert natürlich gar nicht.

00:07:15: Aber das scheitert oder scheitert, ist eine schwierige Aufgabe einfach.

00:07:19: Zum einen ist Wohnraum teuer, er ist gerade in Wien auch knapp,

00:07:22: gerade leistbarer Wohnraum.

00:07:25: Da kann man dann später darauf zu sprechen,

00:07:29: auf den Wohnraum in Wien.

00:07:32: Wir haben auf Social Media aufgerufen, uns Fragen zu stellen

00:07:35: und da kam auch eine Frage,

00:07:37: nämlich wohin kann ich mich wenden,

00:07:40: wo melde ich mich, wenn ich keine Wohnung habe?

00:07:44: In Wien würde ich das Beratungszentrum Wohnungslosenhilfe,

00:07:50: das von sozialen Wien bzw. der Stadt Wien,

00:07:54: mich dorthin wenden, die sicher als erste Ansprechstelle gut sind.

00:08:00: Auch diverse Sozialberatungsstellen unterschiedlicher Träger können.

00:08:04: Also einfach jede Sozialberatungsstelle kann der Auskunft geben,

00:08:08: wie hier weiter getan werden muss,

00:08:11: weil jeder Fall ist ein bisschen individuell und verliegt.

00:08:14: Das verliegen wir dann auch im Podcast.

00:08:18: Du hast das angesprochen, die Zielgruppe wird breiter,

00:08:22: hast du gesagt, Johannes, ja, die hohen Preise für das Notwendige.

00:08:26: Manchmal müssen sich die Leute entscheiden,

00:08:29: ob sie heizen oder essen.

00:08:33: Das geht jetzt immer weiter in die Mittelschicht.

00:08:36: Wie wird sich das weiterentwickeln?

00:08:39: Ja, also ich glaube, wie ich vorher gesagt habe,

00:08:45: wir müssen wieder nach Trachten die Leistungen auszubauen

00:08:49: und unser möglichstes Zutun, um hier entsprechend zu helfen.

00:08:52: Wir haben auch Angebote, die dazu beitragen,

00:08:56: Menschen in diesen Situationen zu unterstützen.

00:08:59: Das ist im Roten Kreuz Österreich weit,

00:09:01: insbesondere die individuellen Spontanhilfe.

00:09:03: Wo wir eben Möglichkeit haben, Sozialberatung anzubieten

00:09:06: und insbesondere bei Fragen zu Mitrückständen oder Energierückständen.

00:09:11: Das ist der wesentlichen Themen für uns hier entsprechend zu tun.

00:09:14: Auf der anderen Seite haben wir die Tafeln.

00:09:17: Unsere Team Österreich Tafeln sind ein zentrales Angebot geworden,

00:09:22: um eben Menschen mit Nahrungsmitteln zu unterstützen

00:09:25: und ihnen dabei zu helfen, ihr Haushaltsbudget zu entlasten.

00:09:29: Das heißt, es braucht einfach diverse Maßnahmen,

00:09:33: auch von diversen Akteuren, die es den Menschen ermöglichen,

00:09:38: einfach über die runden Zugel.

00:09:40: Eine Erleichterung, genau.

00:09:42: Bleiben wir noch ein bisschen bei der Tafel,

00:09:45: eine ganz großartige Initiative,

00:09:47: eine flächendeckende Lebensmittelhilfe in Österreich.

00:09:52: Heißt eben Tafel kennt man eigentlich eh, 26.000 Haushalten

00:09:57: wird da regelmäßig geholfen.

00:09:59: Erzähl ein bisschen mehr, wie funktioniert denn genau

00:10:02: dieses großartige Konzept.

00:10:04: Ja, es ist wirklich ein tolles Angebot,

00:10:06: das sich da in den letzten Jahren entwickelt hat.

00:10:08: Toll vielleicht unter Anführungszeichen,

00:10:10: um mit dem Beigeschmack,

00:10:12: dass es in einem reichen Land wie Österreich überhaupt notwendig ist,

00:10:15: hier derart zu unterstützen.

00:10:17: Aber wir verfolgen mit den Tafeln einen zweifachen,

00:10:20: ein zweifaches Ziel.

00:10:22: Auf der einen Seite wollen wir genussfähigen Nahrungsmittel

00:10:24: vor dem Verwurf retten.

00:10:26: Und auf der anderen Seite wollen wir eben Menschen

00:10:29: in finanziellen Notsituationen helfen,

00:10:31: damit ihr Haushaltsbudget zu entlasten.

00:10:34: Wir haben 125 Ausgabestellen verteilt über Österreich,

00:10:37: wir haben ein System,

00:10:39: wo eben die Menschen mit niedrigen Einkommen,

00:10:42: wir orientieren uns hier an der Armutsgefährdungsschwelle,

00:10:46: kommen können und Nahrungsmittel bekommen.

00:10:50: Funktioniert grundsätzlich so, das Freiwillige,

00:10:53: das Freiwillige am Samstag, Nachmittag,

00:10:59: Filialen von Supermärkten anfahren,

00:11:02: dort Warnspenden in Empfang nehmen,

00:11:05: diese in die Ausgabestelle bringen,

00:11:08: dort entsprechend aufbereiten, grobieren

00:11:13: und dann können Menschen, die eben mit ihrer Bezugsberechtigung

00:11:17: hier dann kommen, diese Warn entsprechend in Empfang nehmen

00:11:24: und damit eben ein Sortiment von Warn haben,

00:11:29: das ihnen hilft, jetzt über die Runden zu kommen.

00:11:31: Wie funktioniert da die Zusammenarbeit mit den Supermärkten?

00:11:34: Die funktioniert sehr gut, also wir haben Übereinkommen

00:11:38: mit den Handelsketten, wir bekommen eben von den lokalen Einheiten

00:11:43: diese Produkte vorbereitet in meistens Bananenschachteln,

00:11:49: bei Kühlwarn haben wir dann auch entsprechende Vorkehrungen,

00:11:52: um teilweise auch diese zu nehmen.

00:11:55: Die Freiwilligen sind hier eigentlich der wesentliche Aspekt,

00:12:00: der zusätzlich notwendig ist,

00:12:02: um eben diese Warn von den Filialen in die Ausgabestelle zu bringen

00:12:06: und dort zur Verteilung zu gelassen.

00:12:08: Da arbeiten jetzt 6.000 Freiwillige, so weiss ich das,

00:12:13: da kann man immer Unterstützung brauchen.

00:12:17: Wo kann ich mich denn da melden, wenn ich sage,

00:12:20: eigentlich möchte ich da auch mitmachen?

00:12:23: Also die Team Österreich-Dafeln ist ein Kooperationsprojekt

00:12:26: aus Team Österreich, also aus dieser Zusammenarbeit

00:12:30: zwischen Rotem Kreuz und Ö3.

00:12:33: Ich kann mich melden entweder über die Team Österreich Website

00:12:38: oder ich kann mich natürlich auch wenden an jede Rotkreuz-Dienststelle

00:12:41: und dort sagen, dass ich gerne mitarbeiten möchte.

00:12:44: Ein wesentlicher Punkt in Österreich ist auch Johannes,

00:12:50: dass Armut immer noch stark vererbt ist.

00:12:55: Also wer Arm ist, bleibt Arm.

00:12:58: Was beobachtest du da? Warum ist das so?

00:13:03: Ja, das ist dieser Kreislauf.

00:13:05: Also Armut in diesen verschiedenen Facetten, Armut getäufig,

00:13:08: einher eben auch mit schlechterer Bildung,

00:13:10: mit schlechterem Gesundheitszustand,

00:13:12: mit diversen anderen Problemen

00:13:14: und aus diesem Kreislauf zu entkommen, ist einfach ganz, ganz schwer.

00:13:17: Und jetzt haben wir eben die Situation,

00:13:20: dass insbesondere auch Menschen, die aus der Mittelschicht kommen,

00:13:27: Zukunfts-Sorgen, Zukunftsängste haben und jetzt diese Entwicklung einfach wirklich

00:13:31: eine ist, wo ich glaube, wo wir auch als Gesellschaft gefordert sind, dem entgegenzuwirken.

00:13:36: Weil dort ist das Wohnen vorher schon angesprochen, Wohnen in Wien, Wohnen generell wird immer

00:13:43: teurer, die Einkommen kommen dann nicht mit. Für viele in Österreich machen die Kosten

00:13:49: fürs Wohnen mehr als 40 Prozent ihres Haushaltseinkommens aus. Und du hast mir vorher gesagt,

00:13:54: ist es sogar noch höher, oder? Ja, bei armoids bedarfenen Personen oder Familien rechnen wir

00:13:59: inzwischen eher mit fast 50 Prozent. Die EU würde empfehlen, dass es eigentlich maximal

00:14:05: ein Drittel des Haushaltseinkommens ausmacht, das sind wir jetzt schon lange drüber. Und

00:14:10: armoids betroffene Menschen sind einfach von dieser Prozentrechnung noch einmal viel,

00:14:15: viel mehr betroffen, weil ja dann der Restprozent so viel kleiner ist, mit dem man auskommen

00:14:20: muss, muss an absolutem Geld sozusagen, das man zur Verfügung hat. Dann kommen noch

00:14:26: dazu die Energiekosten natürlich, jetzt kommen die Betriebskosten dazu, es wird ja alles teurer

00:14:30: quasi. Und das ist ein massives Problem, das ist einfach etwas, wo man ja oft keinen Ausweg

00:14:38: mehr sieht. Aber ich meine, es gibt in Österreich Gemeindepaar Wohnungen bzw. geförderte Wohnungen,

00:14:44: es gibt Genossenschaftswohnungen. Rechen die nicht aus oder kriegt man die nicht? Welche

00:14:51: Kriterien muss man erfüllen? Braucht es da andere Kriterien? Wie schaut das aus?

00:14:55: Die Situation in Wien mit dem geförderten Wohnbau und den Gemeindebauten ist im Vergleich zu

00:15:00: anderen Großstädten da ja tatsächlich eine gute. Also wenn man sich das anschaut, dann

00:15:05: hat Wien da sehr, sehr viel getan. Also gerade auch die Gemeindebauten, ich finde es auch sehr

00:15:11: begrüßtenswert, dass wieder Gemeindebauten gebaut werden, dass es neue Gemeindewohnungen gibt,

00:15:14: weil Wien wächst. Das heißt, wir brauchen einfach immer mehr Wohnraum, immer auch leistbaren Wohnraum.

00:15:19: Und das leistbar ist ein bisschen die Krugs, weil gerade, weil du die Genossenschaftswohnungen

00:15:24: angesprochen hast, die sind jetzt gefördert und im Vergleich zum privaten Wohnungsmarkt.

00:15:28: Aber immer noch sehr teuer. Aber eigentlich in Wirklichkeit oft noch sehr teuer, gerade auch

00:15:32: immer diesen Finanzierungsbeitrag zum Beispiel, ja dann auch noch mitberechnet, wo man ja oft

00:15:36: 10.000 Euro theoretisch vorher schon einmal bezahlen muss als Finanzierungsbeitrag und

00:15:42: als Genossenschaftsbeitrag. Insofern für unsere Zielgruppe in der Wohnungslosenhilfe ist der

00:15:47: wirklich leistbare Wohnraum vor allem der Gemeindebau und in Teilen dann natürlich mit Smartwohnungen

00:15:54: und so schon natürlich auch der geförderte Genossenschaftsbau. Wenn man sich einfach nur anschaut,

00:16:02: dass die Entwicklung der Löhne oder der Entwicklung der Preise jetzt niedriger ist als die Entwicklung

00:16:09: der Wohnkosten, dass einfach das ein Thema ist, das immer mehr Personen erfasst und das wirklich

00:16:14: dieser leistbare Wohnraum für Menschen grundsätzlich schon ein Thema ist und für Armutsgefährdete

00:16:19: dann natürlich noch ein viel größeres. Ja, ich mag da einhaken, weil wir reden immer

00:16:26: davon, wir brauchen leistbaren Wohnraum, das stimmt natürlich, aber wir brauchen Löhne,

00:16:30: von denen man leben kann. Und dieser Anteil an Working-Pur, den man glaube ich bis vor einigen

00:16:37: Jahren Österreich noch so als Schlagwort in Amerika gibt es Working-Pur, gibt es in Österreich

00:16:41: inzwischen auch und vielleicht vermutlich gar nicht so wenige, betrifft auch immer ältere Menschen,

00:16:47: wie schaut es bei Pensionisten und Pensionist*innen aus Johannes Kommen, der große? Also ich glaube,

00:16:56: es betrifft leider alle Altersgruppen, aber natürlich insbesondere Mindestpensionist*innen,

00:17:02: jetzt vorher haben wir schon die Gruppe der Alleinerzieher*innen angesprochen, wo eben diese

00:17:07: niedrigen Einkommen übers ganze Leben irgendwo schon Probleme verursacht haben und das dann

00:17:12: natürlich auch im Bereich der Alterspension durchschlägt. Also insofern wird das eine Gruppe

00:17:19: sein, die besonders Unterstützungsbedarf hat. Wie viele Menschen sind aktuell ohne Wohnung in

00:17:26: Wien und dass man da zwei Zahlen haben in Wien und in ganz Österreich? Das ist eine Zahl,

00:17:32: die sehr schwierig zu faktisch zu erheben ist, weil die einzige Anhaltspunkt, sozusagen,

00:17:40: gibt diese Hauptwohnsitzmeldung, ist gleich quasi die Obdachlosenmeldung für Menschen,

00:17:46: die jetzt vielleicht keine Meldetresse haben, aber trotzdem eine Postadresse brauchen, wo sie

00:17:50: erreichbar sind für Behördenbriefe und so weiter und so fort. Das waren, das sind die

00:17:54: aktuellsten Zahlen der Statistikauströfe des Jahr 2021, da waren es zwischen 15.000 und 20.000

00:18:01: Menschen in ganz Europa und davon doch 53 Prozent, circa in Wien. Ja doch, ja. Was aber aufgrund des

00:18:08: Großstadtfaktums, dass halt Wien eine Großstadt ist, ja schon erklärbar ist, aber es sind auch,

00:18:15: ich meine, es sind 20.000 Menschen, die zu dem Zeitpunkt quasi wohnungslos waren.

00:18:22: Da ist auch eine Frage gekommen von den Zuhörerinnen und Zuhörern. Die Gruft ist eine ganz bekannte

00:18:34: Obdachloseinrichtung in Wien von der Caritas. Was hält ihr so von der Gruft, Altrat? Wir arbeiten

00:18:46: mit der Gruft sehr gut zusammen, so wie mit allen anderen Einrichtungen auch, was die Gruft einfach

00:18:50: wirklich geschafft hat, seit ihrem Bestehen das Thema Wohnungslosigkeit in das Bewusstsein der

00:18:59: Menschen zu bringen. Die Gruft ist mitten in Wien, gleich neben der größten Einkaufsstraße. Und ich

00:19:06: glaube, das ist schon ein Verdienst der Gruft, eben das Thema Wohnungslosigkeit nicht zuzulassen,

00:19:10: dass es an den Rand gedrängt wird, sondern dass, dass den Menschen auch ein bisschen bewusst wird,

00:19:17: dass Wohnungslosigkeit ein Teil dieser Stadt ist leider. Und aber damit auch die Hilfsangebote,

00:19:27: sozusagen den Menschen näher bringen und sagen, da gibt es Menschen, die brauchen Hilfe. Wie könnt

00:19:31: ihr helfen? Schaut hin. Und das, glaube ich, ist sehr, sehr wichtig. Eine Frage war auch, was

00:19:37: verbessert gehört. Also da kannst du jetzt natürlich nicht von der Gruft sprechen, sondern

00:19:43: prinzipiell Wohnungslosenhilfe in Wien, in Österreich, wo sagst du, da würde ich mir Unterstützung

00:19:54: wünschen, egal von welcher Seite. Ich glaube, was, was, da steht ein Ansatz, der aus Finnland

00:20:03: ursprünglich kommt, oder ich glaube sogar aus Amerika ist dieser Housing First Ansatz, das heißt,

00:20:06: dass man Menschen, wenn sie ihre Wohnung verlieren, nicht erst in irgendwelche betreuten Einrichtungen

00:20:11: oder in Notquartiere und so weiter, sozusagen, vermittelt, sondern versucht, dass sie sofort

00:20:17: wieder einen neuen Wohnraum, ihren eigenen Wohnraum haben. Ich glaube, das ist etwas, das würde ich

00:20:23: mir einfach wünschen, dass wir das schaffen sozusagen, dass wir als Wohnungslosenhilfe quasi

00:20:28: obsolet sind und Menschen halt in ihren eigenen Wohnungen vielleicht ein bisschen beraten können

00:20:34: natürlich, aber dass damit auch Stigmatisierung, dass damit auch dieses Scham gefühlig,

00:20:40: ich habe die Wohnung verloren, ich muss in eine Notgutigee nicht gehen, irgendwo hin, wo man auch

00:20:44: sieht, wenn man mich reingehen sieht, was das ist, was das alles wegfällt. Was ist das eigentlich

00:20:49: für ein Prozess zur Wohnungslosigkeit? Also ich wäre nicht von heute auf morgen wohnungslos. Wie kann

00:20:55: man sich das vorstellen? Er steht und fällt mit einer Delonchierung dann, mit einem Stichstag,

00:21:01: wo ich raus muss? Nein, gar nicht immer. Ganz viele Menschen haben gar nicht vorher oder viele Menschen

00:21:06: haben vorher gar nicht in einer eigenen Wohnung gewohnt. Also zum Teilweise zum Beispiel die

00:21:10: sogenannten Kehrliefer, die zum Beispiel in der MR 11 untergebracht waren. Da endet die Betreuung

00:21:17: oft irgendwann. Es gibt Eltern, die ihre Kinder einfach sagen, du musst jetzt ausziehen und dann

00:21:23: gibt es aber keine Wohnung zum Beispiel. Natürlich ist die Delonchierung die häufigste Form sozusagen,

00:21:31: seine Wohnung zu verlieren. Da sind vorher aber ganz viele Dinge, psychische Erkrankungen, körperliche

00:21:36: Erkrankungen, Arbeitslosigkeit. Scheidung, Trennung ist oft so ein Verstärker, sozusagen der das

00:21:43: beschleunigt leider, oft befrauen. Wenn sie sich trennen, dann zu wissen wohin? Bescheidungen eher

00:21:50: Männer oft, vor allem wenn Kinder da sind, weil dann oft die Frau, die wo in der Wohnung bleiben

00:21:55: kann. Aber es sind ganz unterschiedliche Gründe, Sucht, alles was man sich so vorstellen kann.

00:22:01: Und es geht sehr schnell. Es kann tatsächlich sehr, sehr schnell gehen. Erzähl uns vielleicht noch

00:22:08: was zur Winternothilfe, weil gerade in der kalten Jahreszeit der Bedarf an Schlafplätzen

00:22:14: natürlich erhöht ist. Wie helft ihr da? Wie schaut diese Hilfe aus? Es gibt in Wien das sogenannte

00:22:21: Winterpaket, wo es eigene Einrichtungen gibt, die wirklich im Winter dann meistens Anfang November

00:22:28: aufsperren und dann im Frühjahr wieder langsam schließen, oft gestaffelt. Wir haben hier einen

00:22:33: zum einen Winterquartier, das 24 Stunden am Tag offen ist und 70 Plätze bietet für Menschen,

00:22:39: die sonst vielleicht in keinen Einrichtungen einen Platz haben und auch eine Wärmestube,

00:22:45: wo sich Menschen unter Tages einfach auch aufhalten können, weil das ist ja oft ein Problem für

00:22:49: Armuts betroffen oder für wohnungslose Menschen. Wovor bringen sie eigentlich ihren Tag sozusagen?

00:22:55: In Lokalen gibt es Konsumzwang in Einkaufszentren, sind sie auch nicht gern gesehen. Also das ist ja

00:22:59: tatsächlich auch im öffentlichen Raum oft nicht. Das ist ja auch manchmal, wie wir wissen, unsicher.

00:23:04: Und hier bieten Wärmestuben und Tageszentren einfach eine Aufenthaltsmöglichkeit, eine

00:23:10: ganz niederschwellige, ohne Konsumzwang, aber mit einem gewissen Serviceangebot sozusagen,

00:23:14: was die Leute dort nutzen können. Gibt es beim Brater, glaube ich auch, oder? Genau, zum Beispiel.

00:23:18: Ja, vielen Dank an euch. Gibt es noch etwas, Johannes, wo du sagst, da würdest du gerne

00:23:30: ein Appell an die Zuhörerinnen und Zuhörer richten oder was ist so deine, dein Wunsch,

00:23:37: deine Vision auch vielleicht für die Tafel? Es ist generell einfach dieser gesellschaftliche

00:23:43: Zusammenhalt. Wie können wir den fördern? Ja, also auch, ich glaube, der Einzelner hat

00:23:48: Möglichkeiten, sich wirklich hier einzubringen. Das kann man machen als Freiwilliger, das kann

00:23:52: man machen als Spender, das kann man aber auch machen, indem man einfach Menschen auf Augenhöhe

00:23:56: begegnet. Ja, und ich glaube einfach, diese gemeinsamen Anstrengungen können schon dazu führen,

00:24:03: dass wir jetzt das Schicksal Einzelner auch verbessern. Und wir versuchen da eben über unsere

00:24:09: Dienstleistungen, aber auch über uns als Organisation, als Ganzes, hier unseren Beitrag zu leisten.

00:24:14: Waldrott, das hat du sehr schön gesagt. Ich würde dem nichts hinzuzufügen, wirklich.

00:24:20: Aber habt ihr das Gefühl, dass die Gesellschaft jetzt auch eben Teuerung alle haben, Sorgen,

00:24:31: dass das besser oder schlechter geworden ist? Waldrott, vom Gefühl der schlechter.

00:24:40: Ich habe das Gefühl, aber das ist natürlich ein Subjekt dieses Gefühl von mir, weil ich das Gefühl habe,

00:24:45: dass das Stresslevel einfach bei allen und quasi gesamtgesellschaftlich irgendwie gestiegen ist,

00:24:50: durch Pandemie, durch Teuerung, durch diese Krisensituation der letzten Jahre habe ich das Gefühl,

00:24:56: ein bisschen, dass die Menschen weniger Ressourcen haben, quasi für andere, weil sie sich für sich

00:25:01: selber brauchen, auch auf der emotionalen Ebene. Aber vielleicht ist das noch mein Gefühl,

00:25:07: und es ist eh anders. Johannes, wie siehst du das? Das ist schwer zu sprechen, wenn eigentlich sprechen

00:25:12: wir von Individuen und jetzt diese Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit des Einzelnen,

00:25:18: liegt eben bei der Einzelperson. Ja, es ist ein Befund, der natürlich auch ist. Also einfach

00:25:26: diese Vielzahl von Krisen, die auf uns einströmt, auch diese Unsicherheit, was werden die nächsten

00:25:33: Monate bringen? Also auch diese permanente Konfrontiertsein mit negativ Informationen und negativ

00:25:42: Nachrichten. Das macht was mit uns. Das ist natürlich für viele belastend. Auf der anderen Seite

00:25:48: glaube ich, dass wir das schon schaffen können. Und wir sehen es auch einfach, weil die Bereitschaft

00:25:55: von vielen Menschen hier wirklich auch quasi etwas zum Positiven zu bewegen da ist. Also insofern

00:26:01: sehe ich die Herausforderungen zwar sehr, sehr hoch, aber ich halte noch immer uns als Gesellschaft

00:26:09: in der Lage, jetzt diese Herausforderungen zu bewältigen. Wunderbar. Und es ist ja auch

00:26:14: wissenschaftlich bewiesen, dass Unterstützende und Helfen einen selbst. Genau, absolut.

00:26:18: Vielen Dank, ich wünsche euch alles Gute, das Beste und ganz zum Herzen. Danke schön.

00:26:26: Danke dir. Ja, damit vielen Dank für die Aufmerksamkeit, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

00:26:33: das war der Podcast vom Roten Kreuz. Natürlich gerne weiter zu empfehlen, da freuen wir uns.

00:26:40: Wenn es Ihnen gefallen hat, abonnieren Sie den Podcast vielleicht auch, das wäre total super.

00:26:46: Oder und schicken Sie uns natürlich auch sehr, sehr gerne Feedback.

00:26:50: Ja, bis bald. Alles Schöne, Ihre Isabella Richter.

00:27:02: [Bruhige Musik]

Über diesen Podcast

In Österreichisches Rotes Kreuz - der Podcast holen wir die Menschen vor den Vorhang, die tagtäglich die Arbeit leisten, für die das Rote Kreuz in Österreich und weltweit steht.
Mit Mitarbeiter:innen, Freiwilligen und Menschen aus der Gesellschaft beleuchten wir die Tätigkeitsfelder der größten humanitären Bewegung.
Es werden bewegende, informative, teilweise lustige aber immer interessante Geschichten zu den unterschiedlichen Bereichen erzählt.

von und mit Österreichisches Rotes Kreuz

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